worum es geht: stadtlandfluss

Donnerstag, 25. September 2008

lost cities
wenn man gelegentlich etwas rumkommt und sich auch mal abseits der metropolen bewegt, stellt man fest, dass es tatsächlich unmögliche orte gibt.
orte, von denen man gedacht hatte, es gäbe sie gar nicht - weil sie so anders sind als alles, was man bisher gesehen hat.
orte, die aussehen wie die große kulisse einer kleinstadt, der niemals wirklich leben eingehaucht wurde.
durchaus ein gewisses alter von locker fünfzig jahren vorweisend, zum teil durchaus gepflegt daherkommend, hat man immer den eindruck, die bewohnerInnen seien hier nie richtig angekommen oder nur auf der durchreise; im extremsten fall muss man befürchten, im einem riss des raum-zeit-kontinuums hängen geblieben zu sein.

städte wie espelkamp, waldkraiburg oder langenfeld gibt es wahrscheinlich noch ein paar mehr in der republik, aber sie ähneln sich alle irgendwie: migrantInnen haben diese städte geprägt, "heimatvertriebene" nach dem krieg, "gastarbeiter" in den sechziger und siebziger jahren und meist russische "spätaussiedler" in den späten achtzigern und neunzigern. heute sind es kriegsflüchtlinge.
im geradezu zwanghaften willen zur anpassung sorgt die jeweilige elterngeneration oft dafür, dass es in ihrer stadt so aussieht, wie sie sich eine ordentliche deutsche stadt vorstellt.

häufig "im grünen" gelegen ohne irgendeine vernünftige anbindung an infrastruktur bleibt man unter sich und lebt trotzdem den traum vom neuen leben mit alten mitteln.
im wareneingang von firmen steht die schreibmaschine mit kyrillischen buchstaben, auf mülltonnen steht "unrat" und die vielen mädchen mit kopftuch und langem rock sind abkömmlinge gottesfürchtiger menschen mit klarem weltbild.

irgendjemand muss schuld sein an dieser ghettoisierung, ganz bewusst werden seit jahrzehnten zuwandererInnen an immer dem gleichen fleck angesiedelt. ob das integration sein soll?

die alteingesessene bevölkerung ist damit offensichtlich überfordert. der kern an menschen, der dort vorher siedelte - oftmals nur ein bruchteil der heutigen einwohnerschaft - bleibt unter sich oder wandert tröpfchenweise ab.

die jeweilige jugend hat oft niemand nach ihren wünschen gefragt, sie folgte ihren eltern, denen man boshafterweise im vorfeld den eindruck vermittelt hatte, in schland würden die straßen mit champagner gewaschen.
jetzt sitzt sie in der verdammten ostwestfälischen, niederbayrischen oder rheinischen, jedenfalls deutschen kaffkulisse ohne zukunft fest, dealt, fackelt autos ab und begeht pogrome an "den anderen".

wer sagt, dass es in deutschland keine banlieues gibt, lügt
- dies ist ein gefängnisaufstand.

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Langenfeld kenne ich persönlich gar nicht. Ich hatte allerdings mal eine Kollegin, die kam von da weg. "Meine Welt ist Langenfeld." So sagt man dort wohl.

Ansonsten haben Sie natürlich recht. Da kann man ja nur zustimmen.

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ich arbeite dort viel, es ist ganz schlimm.

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das interessante daran ist, dass langenfeld noch der mit abstand bestangeschlossene siedlungszusammenhang von den drei hier genannten ist...

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In dieser Kaff-Liga
hängt vieles ganz entscheidend davon ab, wie nah oder fern die nächste Großstadt ist. In the middle of nowhere sind solche Ansiedlungen tatsächlich eine Vollkatastrophe in jeder Hinsicht. Der letzte Wohnort hatte diese Größenordnung und war weniger als 15 Km von der nächstgrößeren Stadt entfernt. Das ging noch einigermaßen. Die jetzige Lage in der Verbundgemeinde knapp an der Landeshauptstadtgrenze würde ich als nahezu ideal bezeichnen.

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das ist ein faktor. aber die welt hört dort tatsächlich an der stadtgrenze auf, da ist es fast egal, wie weit düsseldorf, osnabrück/bielefeld oder landshut/münchen entfernt ist. das kaff ist auch im kopf - wir reden hier von kleinstädten mit 60* und zweimal 25tausend menschen. das müsste alles so nicht sein, das geht auch anders.
da spielen viele faktoren mit, aber das gefühl der kasernierung ist ziemlich stark.

*hatte ich bei langenfeld vorher nicht nachgeschaut und bin regelrecht überrascht, aber dort läufts im vergleich mit den anderen ja auch noch fast alles rund...

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interessanterweise ignoriert der langenfelder an sich seine exponierte lage und schertinteressiert sich einen dreck nicht die bohne um die grossen städte in der nachbarschaft.

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@vert:
Unser Ortsteil der Verbundgemeinde hat knapp über 20.000 Einwohner, die Gesamtgebietskörperschaft irgendwas über 50.000, das passt also noch voll in Ihr Thema.

Die Stadtgrenze empfinde ich in unserem Fall nicht als das Maß der Dinge. Ich bin hier näher am D-Zentrum dran als D-Vororte wie Benrath, Wittlaer oder Hellerhof. Die Welt, oder besser gesagt die große weite Welt hört an der Innenstadtgrenze auf, inkludiert vielleicht noch ein paar zentrale Stadtteile, aber die Vororte weiter draußen, die eingemeindeten Schlafzentren sind nicht urbaner oder näher dran am Geschehen als unser Kaff jenseits der Stadtgemarktung.

Aber kann sein, dass wir das als Zugezogene auch anders empfinden, und das Kaff im Kopf der Alteingesessenen wesentlich stärker verankert ist als bei uns.

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@mark: ich glaube, wir verstehen uns gerade falsch.
es geht um diese retortenkleinstädte, wo es keinen wirklichen kern gibt und auch keine alteingesessenen, maximal leute, die schon länger da sind. davon aber ganz viele. und jede migrationskohorte mit anderem sozialisationshintergrund.
besuchen sie eine der drei oben genannten städte mit offenen augen und sie verstehen den unterschied zwischen langenfeld und haan, zwischen waldkraiburg und mühldorf, zwischen espelkamp und lübbecke.
ihre glückliche kleine verbundgemeinde darf hier wirklich nicht mitspielen;-)

@pappnase: wie ich sagte: "das gefühl der kasernierung ist ziemlich stark." kopfsache.

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nachtrag
langenfeld ist offensichtlich doppelt so groß, wie die beiden anderen genannten kleinstädte. das erklärt einerseits auch warum l. mir immer vorkam wie zwei gemeinden: eine schuldenfreie, und eine, die weiß warum das so ist.

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Kennen Sie bereits Chamenau im Bayrischen Wald?

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diese art dörfer gibt's auch, sagen wir mal, im niedersächsischen.
dörfer, deren existenz oder lage sogar vom internet nachhaltig bestritten wird, die es vielleicht sogar nur vielleicht gibt.

liegt auf der diametral gegenüberliegenden seite der problemskala.

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wer hätte gedacht, dass es dazu einen wikipedia-artikel gibt?

via referrer-anfrage aus dem ostwesfälischen...

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Wer hätte gedachte, dass Trappenkamp eine dieser Städte ist? Ich bin gar nicht so weit entfernt zur Welt gekommen und habe noch nie davon gehört....

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