Donnerstag, 28. Januar 2010
worum es geht: polit

ehrensache
die 25-jährige aishe y. (name geändert) hatte eine beziehung mit einem zwanzig jahre älteren mann ihres kulturkreises, man traf sich in absteigen, alles heimlich, man weiß ja, wie das so läuft. die familie durfte natürlich nichts erfahren.
und verheiratet war er auch noch.

nach einer gewissen zeit kommt alles raus: aishe war zwischenzeitlich erfolgreich zwangsverheiratet worden, der ehemann, ein dubioser geschäftsmann, tobt und will sich rächen - man hatte ihm eine mogelpackung untergeschoben: die jungfräulichkeit der braut ist schließlich ein hohes gut in dieser gesellschaft.

die unglückliche aishe versuchte so zu tun, als habe man ihr gewalt angetan, da war ihr das hemd näher als die hose. äh, nunja.
allerdings stellte sich raus, dass das alles doch vor der eheschließung passiert war - und dann auch noch freiwillig, also war die familienehre auch noch beschmutzt und die ganze chose mit der rache und der ehre geht über auf den vertreter ihrer familie, also den GROßEN BRUDER.
es kam es wie es kommen musste:
schlimme schießerei auf offener straße.

interessant dabei finde ich natürlich, dass die "ehre" der frau sich als eine reine sexual- und geschlechtsehre darstellt und die verteidigung derselben selbstredend von einer männerhand in die andere gegeben wird; die "familienehre" kann von der frau zwar verletzt, aber nicht behauptet werden, die frau ist sofort unsichtbar, noch bevor sie hätte handeln können; es geht ausschließlich um den beschädigten besitz

aber das ist eben ein anderer kulturkreis, die sind halt alle etwas heißblütiger, wirklich zivilisiert ist natürlich schon was anderes. und dass die frauen da gar keine rechte haben ist natürlich empörend. arme aishe.







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V



















liebe leserInnen, sie haben es sicher schon geahnt, aishe heißt in wirklichkeit margaretha gaup, der lüsterne ältere herr ist der hauptmann joachim von levetzow und wir schreiben das jahr 1904 in berlin.
noch gar nicht sooo lange her.
und gar nicht mal so weit weg.
und das sind nur die gerichtsfesten fakten für die große stadt. da möchte man über das sittsame landleben gar nicht erst ins munkeln kommen...


und ich danke ute frevert für erhellende einblicke in die sozialanthropologie: Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, München 1991, s.224ff

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