Freitag, 2. Januar 2009
silvesternachlese
vert, 11:56h
ich bin ein großer freund der städte, ich kann mir vorstellen dort zu leben und habe es auch schon längere zeit getan. obwohl ich deutlich anders sozialisiert bin.
eine sache bleibt mir fremd:
die öffentliche lustbarkeit rund um den jahreswechsel.
der ausnahmezustand.
der krieg.
schon öfters reiste ich anläßlich des jahreswechsels an ferne orte, besuchte freundinnen und freunde und hatte eine schöne zeit.
so auch diesmal.
gestählt durch vergangene schlachten suchte ich zielstrebig nach dem einzigen platz mitten im inferno, an dem es ein wenig friedlicher war - ich spreche nicht von einer oase der stille, lediglich wollte ich nicht abgeschossen werden. und auch nur einmal musste ich einem angetrunkenen, der schon vorher durch - sagen wir mal - ungeschicklichkeit auffiel, anbieten, ihn umgehend in der trave zu verklappen, falls er seine batterien jetzt hier direkt neben uns aufbauen wolle. er wollte nicht.
nachsilvesterliche schneedecke. nicht in der stadt.
welche bösen geister werden hier vertrieben? arbeiten die deutschen mal wieder diverse weltkriegstraumata auf? das würde zum beispiel erklären, warum in dresden jedes mal fast die stadt brennt und wir zum ersten mal ernsthaften personenschaden durch fremdeinwirkung zu beklagen hatten.
dresden calling.
auch in hamburg war seinerzeit krieg; das kann man nicht anders nennen, egal wie man es dreht oder auch wendet. das flakfeuer vom heiliggeistfeld kann seinerzeit nicht spektakulärer gewesen sein.
nett war dort allerdings, dass wir schon von weitem die elche hörten und sofort wusten: es mussten ungarn anwesend sein, die den jahreswechsel auf ihre weise begingen.
(weil ungarn ja immer überall sind.)
denn, felix hungaria!, dort ist privates feuerwerk verboten. es gibt öffentliches, schön vom ordnungsamt abgenommen und gut ist. die ungarn machen eben lärm - und zu diesem behufe haben sie vielerlei gerätschaften erfunden, deren prominenteste vertreterin wohl dieses exemplar ist:
ungarische silvestertroete: in die öffnung pusten und
damit alle verfügbaren membrane in erschütterung versetzen
mit der möglichkeit zur verlängerung ein infernalisches lärmgerät, dessen spätere verwendung auf heimischen demos angst und schrecken hervorruft. unter anderem in den eigenen reihen.
diesem ruf folgten wir und fanden inmitten von tausenden von menschen also tatsächlich zwei gutgelaunte ungarn mit schlagseite. immerhin hatten sie schon den letzten verflossenen unicum mit jägermeister substituiert.
aber sie hatten noch alle ihre gliedmaßen, gedachten sie auch zu behalten und - das wichtigste - trachteten eben ihren mitmenschen nicht nach dem leben.
und was da an geld verballert wird. ich denke gar nicht an "brot statt böller" - wenn sich die meisten leute wenigstens stattdessen selber mal vernünftiges essen kaufen würden.
und wie die stadt dann aussieht. und dann meckern, wenn der ganze rotz am dritten noch das stadtbild beeinträchtigt. (und jetzt bin ich also spießer? so denn, von mir aus.)
"das geld liegt auf der straße, man muss es nur aufheben".
ein spruch, den die liquidatoren der jeweiligen stadtwerke sicher gerne gehört haben am ersten ersten.
aber ach, was soll's, man kann sein geld auch sinnloser verballern:
"fonds statt böller" zum beispiel klingt wie eine echte drohung, da zucken die hände zurück und raffen lieber noch ein paar ladykracher vom wühltisch.
dann doch besser "böll statt böller":
... comment
eine sache bleibt mir fremd:
die öffentliche lustbarkeit rund um den jahreswechsel.
der ausnahmezustand.
der krieg.
schon öfters reiste ich anläßlich des jahreswechsels an ferne orte, besuchte freundinnen und freunde und hatte eine schöne zeit.
so auch diesmal.
gestählt durch vergangene schlachten suchte ich zielstrebig nach dem einzigen platz mitten im inferno, an dem es ein wenig friedlicher war - ich spreche nicht von einer oase der stille, lediglich wollte ich nicht abgeschossen werden. und auch nur einmal musste ich einem angetrunkenen, der schon vorher durch - sagen wir mal - ungeschicklichkeit auffiel, anbieten, ihn umgehend in der trave zu verklappen, falls er seine batterien jetzt hier direkt neben uns aufbauen wolle. er wollte nicht.
nachsilvesterliche schneedecke. nicht in der stadt.
welche bösen geister werden hier vertrieben? arbeiten die deutschen mal wieder diverse weltkriegstraumata auf? das würde zum beispiel erklären, warum in dresden jedes mal fast die stadt brennt und wir zum ersten mal ernsthaften personenschaden durch fremdeinwirkung zu beklagen hatten.
dresden calling.
auch in hamburg war seinerzeit krieg; das kann man nicht anders nennen, egal wie man es dreht oder auch wendet. das flakfeuer vom heiliggeistfeld kann seinerzeit nicht spektakulärer gewesen sein.
nett war dort allerdings, dass wir schon von weitem die elche hörten und sofort wusten: es mussten ungarn anwesend sein, die den jahreswechsel auf ihre weise begingen.
(weil ungarn ja immer überall sind.)
denn, felix hungaria!, dort ist privates feuerwerk verboten. es gibt öffentliches, schön vom ordnungsamt abgenommen und gut ist. die ungarn machen eben lärm - und zu diesem behufe haben sie vielerlei gerätschaften erfunden, deren prominenteste vertreterin wohl dieses exemplar ist:
ungarische silvestertroete: in die öffnung pusten und
damit alle verfügbaren membrane in erschütterung versetzen
mit der möglichkeit zur verlängerung ein infernalisches lärmgerät, dessen spätere verwendung auf heimischen demos angst und schrecken hervorruft. unter anderem in den eigenen reihen.
diesem ruf folgten wir und fanden inmitten von tausenden von menschen also tatsächlich zwei gutgelaunte ungarn mit schlagseite. immerhin hatten sie schon den letzten verflossenen unicum mit jägermeister substituiert.
aber sie hatten noch alle ihre gliedmaßen, gedachten sie auch zu behalten und - das wichtigste - trachteten eben ihren mitmenschen nicht nach dem leben.
und was da an geld verballert wird. ich denke gar nicht an "brot statt böller" - wenn sich die meisten leute wenigstens stattdessen selber mal vernünftiges essen kaufen würden.
und wie die stadt dann aussieht. und dann meckern, wenn der ganze rotz am dritten noch das stadtbild beeinträchtigt. (und jetzt bin ich also spießer? so denn, von mir aus.)
"das geld liegt auf der straße, man muss es nur aufheben".
ein spruch, den die liquidatoren der jeweiligen stadtwerke sicher gerne gehört haben am ersten ersten.
aber ach, was soll's, man kann sein geld auch sinnloser verballern:
"fonds statt böller" zum beispiel klingt wie eine echte drohung, da zucken die hände zurück und raffen lieber noch ein paar ladykracher vom wühltisch.
dann doch besser "böll statt böller":
nnier,
Freitag, 2. Januar 2009, 12:25
Sie haben's ja verlinkt,
der Don hat zum Thema Spießer schon eine ganz gute Zusammenfassung geliefert. Was Sylvester angeht, habe ich meine Pyromanenzeit lange hinter mir, gehe jetzt mit Frau und Töchterlein so gegen 22:00 ein paar Feuerringe, Vulkane und Wunderkerzen anzünden, frische Luft atmen und um 0:00 das schöne Himmelspanorama vom Fenster aus angucken. Kostet weniger und sieht schöner aus. Das jugendliche Familienmitglied feiert unterdessen anderswo und berichtet von den Kriegszuständen, Polizeieinsätzen, quergeschossenen Raketen, in fremde Jackentaschen gesteckten angezündeten Böllern usw., von denen er sich glücklicherweise auch fernhält.
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vert,
Freitag, 2. Januar 2009, 12:32
ja, ich erinnere mich...
es liegt mir wirklich fern, leuten vorschreiben zu wollen, was sie zu tun haben, aber gewisse grenzen im umgang miteinander dürfen doch gelegentlich gewahrt bleiben.
meine freundinnen haben diesmal auch etwas rumgeböllert. und hatten eine tüte dabei für den müll. die guten.
es liegt mir wirklich fern, leuten vorschreiben zu wollen, was sie zu tun haben, aber gewisse grenzen im umgang miteinander dürfen doch gelegentlich gewahrt bleiben.
meine freundinnen haben diesmal auch etwas rumgeböllert. und hatten eine tüte dabei für den müll. die guten.
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jean stubenzweig,
Freitag, 2. Januar 2009, 14:30
Zu recht
waren Sie da ziemlich angespießert (Frau Kelef hat Herrn Dons Neujahransprache übrigens auf ihre Weise ergänzt).
Aber auf dem Dorf hat das wohl auch ziemliche Auswüchse und -maße angenommen. Wie mir vor zwei Stunden übermittelt wurde, hat's einer Halbverwandtschaft gestern, also einen Tag danach, abends das Haus abgefackelt – ein verirrter Spätzünder. Auch vier Landfeuerwehren konnten es nicht mehr retten, das schöne Schwedenhaus ...
Aber auf dem Dorf hat das wohl auch ziemliche Auswüchse und -maße angenommen. Wie mir vor zwei Stunden übermittelt wurde, hat's einer Halbverwandtschaft gestern, also einen Tag danach, abends das Haus abgefackelt – ein verirrter Spätzünder. Auch vier Landfeuerwehren konnten es nicht mehr retten, das schöne Schwedenhaus ...
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vert,
Freitag, 2. Januar 2009, 14:42
mein großer horror.
ich habe schon mehrere fachwerkhäuser brennen sehen und weiß wieviel, oder besser, wie wenig vom handwerk mehrerer hundert jahre übrig bleiben kann.
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monolog,
Samstag, 3. Januar 2009, 01:30
Heute mittag, als ich erstmals auf einer kurzen Runde hier vorbei kam, hatte ich noch einen ungeheuer scharfsinnigen, zum Text passenden Kommentar auf Lager. Der ist inzwischen durchgebrannt.
Es bleibt die kurze Anmerkung, dass ich als Kind und Heranwachsende irgendwie immer mit dem Gedanken geliebäugelt habe, das Bauernhaus, in dem ich aufwuchs, könnte ja vielleicht doch mal zufällig an Silvester abbrennen. Heute hat sich das zu einer angenehmen Milde ausgewachsen. Schließlich muss ich da nicht mehr wohnen :)
Es bleibt die kurze Anmerkung, dass ich als Kind und Heranwachsende irgendwie immer mit dem Gedanken geliebäugelt habe, das Bauernhaus, in dem ich aufwuchs, könnte ja vielleicht doch mal zufällig an Silvester abbrennen. Heute hat sich das zu einer angenehmen Milde ausgewachsen. Schließlich muss ich da nicht mehr wohnen :)
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jean stubenzweig,
Sonntag, 4. Januar 2009, 08:57
Als Kind
und vor allem wohl als Heranwachsender hat man sicher noch nicht so das große Gefühl für die schönen Dinge des Lebens entwickelt, denen man später als sogenannter Erwachsener dann oft und gerne hinterhereilt. Die Vorstellungen vom angenehmen Leben sind in jungen Jahren eben anders gelagert. Allerdings gibt es genügend Menschen, die ihre alte Hütte auch ohne Silvesterbrand vernichten; sie nennen das Modernisierung. Oder aber es kommt ein Städter und macht was aus dem alten Kasten, etwa ihn entkernen und einen stilvollen Salon hineingestalten lassen und dorthin, wo früher das Eingangstor war, ein gläsernes Portal hinsetzen.
Ja, da wünsche auch ich Altertümler mir tatsächlich manchmal ein korrigierendes Feuerwerk. Denn als zu schützendes Denkmal ist es längst verbrannt.
Ja, da wünsche auch ich Altertümler mir tatsächlich manchmal ein korrigierendes Feuerwerk. Denn als zu schützendes Denkmal ist es längst verbrannt.
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vert,
Dienstag, 6. Januar 2009, 20:39
@mono: nen kracherkommentar zum thema wär sicher hilfreich gewesen. naja, hauptsache es knallt,
@js: das sehe ich zum teil anders: das land darf kein museum werden.
@js: das sehe ich zum teil anders: das land darf kein museum werden.
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jean stubenzweig,
Mittwoch, 7. Januar 2009, 02:47
Kein Museum,
ja doch, richtig. Aber das Land sollte doch auch kein Präsentationsinstrumentarium für irgendwelche Architektur-und-Wohnen-Blättchen werden. Wirklich selbstentwickelten Geschmack sehe ich selten, fast überall Abziehbildchen. Manche dieser aufgetakelten Hütten empfinde ich nur noch als peinlich in ihrer kataloggeschmäcklerischen Gespreiztheit. Damit meine ich in erster Linie die alten Reetdachäuser des Nordens, von Ost nach West. Und wirklich gelungene Kombinationen von alt und neu habe ich in (Nord-)Deutschland selten gesehen. Wobei das allerdings an Behörden liegen dürfte, die aus Bequemlichkeit Gestaltungssatzungen mehr als rigide auslegen bzw. einengen.
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monolog,
Mittwoch, 7. Januar 2009, 08:15
Ein Böllerkommentar, das wäre vermutlich noch im Rahmen des Möglichen gewesen. Kracher sind gerade leider nicht von mir zu erwarten.
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