Donnerstag, 28. Januar 2010
ehrensache
vert, 20:44h
die 25-jährige aishe y. (name geändert) hatte eine beziehung mit einem zwanzig jahre älteren mann ihres kulturkreises, man traf sich in absteigen, alles heimlich, man weiß ja, wie das so läuft. die familie durfte natürlich nichts erfahren.
und verheiratet war er auch noch.
nach einer gewissen zeit kommt alles raus: aishe war zwischenzeitlich erfolgreich zwangsverheiratet worden, der ehemann, ein dubioser geschäftsmann, tobt und will sich rächen - man hatte ihm eine mogelpackung untergeschoben: die jungfräulichkeit der braut ist schließlich ein hohes gut in dieser gesellschaft.
die unglückliche aishe versuchte so zu tun, als habe man ihr gewalt angetan, da war ihr das hemd näher als die hose. äh, nunja.
allerdings stellte sich raus, dass das alles doch vor der eheschließung passiert war - und dann auch noch freiwillig, also war die familienehre auch noch beschmutzt und die ganze chose mit der rache und der ehre geht über auf den vertreter ihrer familie, also den GROßEN BRUDER.
es kam es wie es kommen musste:
schlimme schießerei auf offener straße.
interessant dabei finde ich natürlich, dass die "ehre" der frau sich als eine reine sexual- und geschlechtsehre darstellt und die verteidigung derselben selbstredend von einer männerhand in die andere gegeben wird; die "familienehre" kann von der frau zwar verletzt, aber nicht behauptet werden, die frau ist sofort unsichtbar, noch bevor sie hätte handeln können; es geht ausschließlich um den beschädigten besitz
aber das ist eben ein anderer kulturkreis, die sind halt alle etwas heißblütiger, wirklich zivilisiert ist natürlich schon was anderes. und dass die frauen da gar keine rechte haben ist natürlich empörend. arme aishe.
|
V
liebe leserInnen, sie haben es sicher schon geahnt, aishe heißt in wirklichkeit margaretha gaup, der lüsterne ältere herr ist der hauptmann joachim von levetzow und wir schreiben das jahr 1904 in berlin.
noch gar nicht sooo lange her.
und gar nicht mal so weit weg.
und das sind nur die gerichtsfesten fakten für die große stadt. da möchte man über das sittsame landleben gar nicht erst ins munkeln kommen...
und ich danke ute frevert für erhellende einblicke in die sozialanthropologie: Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, München 1991, s.224ff
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und verheiratet war er auch noch.
nach einer gewissen zeit kommt alles raus: aishe war zwischenzeitlich erfolgreich zwangsverheiratet worden, der ehemann, ein dubioser geschäftsmann, tobt und will sich rächen - man hatte ihm eine mogelpackung untergeschoben: die jungfräulichkeit der braut ist schließlich ein hohes gut in dieser gesellschaft.
die unglückliche aishe versuchte so zu tun, als habe man ihr gewalt angetan, da war ihr das hemd näher als die hose. äh, nunja.
allerdings stellte sich raus, dass das alles doch vor der eheschließung passiert war - und dann auch noch freiwillig, also war die familienehre auch noch beschmutzt und die ganze chose mit der rache und der ehre geht über auf den vertreter ihrer familie, also den GROßEN BRUDER.
es kam es wie es kommen musste:
schlimme schießerei auf offener straße.
interessant dabei finde ich natürlich, dass die "ehre" der frau sich als eine reine sexual- und geschlechtsehre darstellt und die verteidigung derselben selbstredend von einer männerhand in die andere gegeben wird; die "familienehre" kann von der frau zwar verletzt, aber nicht behauptet werden, die frau ist sofort unsichtbar, noch bevor sie hätte handeln können; es geht ausschließlich um den beschädigten besitz
aber das ist eben ein anderer kulturkreis, die sind halt alle etwas heißblütiger, wirklich zivilisiert ist natürlich schon was anderes. und dass die frauen da gar keine rechte haben ist natürlich empörend. arme aishe.
liebe leserInnen, sie haben es sicher schon geahnt, aishe heißt in wirklichkeit margaretha gaup, der lüsterne ältere herr ist der hauptmann joachim von levetzow und wir schreiben das jahr 1904 in berlin.
noch gar nicht sooo lange her.
und gar nicht mal so weit weg.
und das sind nur die gerichtsfesten fakten für die große stadt. da möchte man über das sittsame landleben gar nicht erst ins munkeln kommen...
und ich danke ute frevert für erhellende einblicke in die sozialanthropologie: Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, München 1991, s.224ff
gendertroubl,
Freitag, 29. Januar 2010, 00:15
erquickende Wendung!
...jetzt kann ich gar nicht rumRANTZen....verdammt! :-)
...jetzt kann ich gar nicht rumRANTZen....verdammt! :-)
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vert,
Freitag, 29. Januar 2010, 21:44
ne, was schade aber auch.
da musst ihr aber noch was üben, oh tolle RANZigkeit!
(und jetzt beweis mir bloß nicht das gegenteil! oder üb' wenigstens nicht hier!;-)
(und jetzt beweis mir bloß nicht das gegenteil! oder üb' wenigstens nicht hier!;-)
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ach annemarie,
Freitag, 29. Januar 2010, 13:08
verblüffen tut mich das nicht; haben mir doch in den sechzigern empörte mitbürger in der berliner straßenbahn eine gescheuert, da ich als kleines mädchen frecherweise hosen trug.
und, so lang ist es nicht her, daß eine entjungferte ehrbare frau sich den kopf zu bedecken hat. reste davon sind die kopftücher zum kirchgang.
darf ich noch daran erinnern, daß bis ende der 60-er eine frau die schriftliche erlaubnis ihres gatten brauchte um eine arbeit aufzunehmen?
fußball im verein spielen dürfen sie auch erst seit 1972.
wir sind nicht weit entfernt von der sozialen kontrolle, die wir anderen vorwerfen....das war erst vorgestern!
und, so lang ist es nicht her, daß eine entjungferte ehrbare frau sich den kopf zu bedecken hat. reste davon sind die kopftücher zum kirchgang.
darf ich noch daran erinnern, daß bis ende der 60-er eine frau die schriftliche erlaubnis ihres gatten brauchte um eine arbeit aufzunehmen?
fußball im verein spielen dürfen sie auch erst seit 1972.
wir sind nicht weit entfernt von der sozialen kontrolle, die wir anderen vorwerfen....das war erst vorgestern!
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arboretum,
Freitag, 29. Januar 2010, 13:34
Benötigten verheiratete Frauen, die berufstätig sein wolten, nicht sogar noch bis zum 30. Juni 1977 die Zustimmung des Ehemannes? Zumindest liest sich das hier in jenem Zeit-Artikel aus dem Jahre 1976 über die Reform des Eherechts so.
[edit vert: linkfix]
[edit vert: linkfix]
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vert,
Freitag, 29. Januar 2010, 14:58
wahlrecht 1919,
die ganze schweiz schon 1990 *
(schön, dass dort neulich beim mutigen kampf gegen die "islamisierung" auch die frauenrechte mal wieder mächtig bemüht wurden)
danke für die inhaltlichen und formalen ergänzungen, ich meine mich aus persönlicher erfahrung daran erinnern zu können, dass es meine mutter als ausgesprochen demütigend empfunden hat, sich die unterschrift des mannes einholen zu müssen.
(vor allem, weil es wohl keine selbstverständlichkeit war, leider)
(schön, dass dort neulich beim mutigen kampf gegen die "islamisierung" auch die frauenrechte mal wieder mächtig bemüht wurden)
danke für die inhaltlichen und formalen ergänzungen, ich meine mich aus persönlicher erfahrung daran erinnern zu können, dass es meine mutter als ausgesprochen demütigend empfunden hat, sich die unterschrift des mannes einholen zu müssen.
(vor allem, weil es wohl keine selbstverständlichkeit war, leider)
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vert,
Freitag, 29. Januar 2010, 18:59
die vorstellung von frauen als nicht rechtsfähigen personen, die somit eben dieser stellvertreter-/vormundschaftsregelung anheim fallen, rekurriert auf das "allgemeine landrecht" von 1794, dessen familienrechtlicher teil nahezu unverändert ins bgb übernommen wurde (1900).
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arboretum,
Freitag, 29. Januar 2010, 20:17
Morgen kommt meine Mutter bei mir vorbei, ich frage sie mal, wie das bei ihr war. Sie arbeitete nämlich als Sportlehrerin, als sie heiratete, mein Vater war damals aber noch nicht mit seinem Studium fertig.
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gminggmangg,
Samstag, 30. Januar 2010, 00:20
Grad wollte ich ob schweizerscher Landeszugehörigkeit Stolz geschwellter Brust kund tun, dass die Appenzell Innerrhodinen schon seit zwanzig Jahren wählen dürfen (per Bundesgericht gezwungen), aber das habe Sie ja schon getan.
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vert,
Samstag, 30. Januar 2010, 00:23
@arboretum:
machen sie das, eine interessante situation.
für eine akademikerin war es allerdings möglicherweise etwas leichter als für die katholische arbeitertochter vom lande...
@gminggmangg:
ja, das war auch wirklich ...speziell.
aber sie haben damit schon gewonnen, die stolzgeschwellte brust dürfen sie tragen. zusammen mit den samoanerinnen. (hätte ich jetzt auch nicht gedacht.)
machen sie das, eine interessante situation.
für eine akademikerin war es allerdings möglicherweise etwas leichter als für die katholische arbeitertochter vom lande...
@gminggmangg:
ja, das war auch wirklich ...speziell.
aber sie haben damit schon gewonnen, die stolzgeschwellte brust dürfen sie tragen. zusammen mit den samoanerinnen. (hätte ich jetzt auch nicht gedacht.)
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mark793,
Samstag, 30. Januar 2010, 15:42
So exotisch
ist diese Situation vermutlich gar nicht gewesen, ich kenne diverse ältere Herrschaften, bei denen es so war, dass die Frau alleinige Verdienerin war, als der Mann noch studierte oder nach einer Berufsausbildung dann doch noch die Kurve kriegte Richtung Fachabi, Lehrerseminsar, Ingenieursdiplom oder dergleichen mehr. Ich denke nicht, dass diese Genehmigung nach dem Krieg noch viel mehr war als eine läppische Formalie. Aber das mag im Einzelfall auch mal anders gewesen sein.
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arboretum,
Samstag, 30. Januar 2010, 20:16
Ich habe meine Mutter heute gefragt. Antwort: Nee!! Dem hätte ich aber auch was erzählt. Ich habe doch das Geld verdient für mich und Deine Schwester. Meine Mutter stand acht Wochen nach der Geburt meiner Schwester wieder in der Turnhalle und hat Vollzeit unterrichtet, damals gab es noch keine Elternzeit. Als ich vier Jahr später auf die Welt kam, hatte mein Vater seinen ersten Job, und dort wo wir damals wohnten, gab es für sie keine Möglichkeit, zu arbeiten. Wir sind dann aber bald wieder umgezogen, da arbeitete sie irgendwann wieder in Teilzeit, ich weiß aber nicht, ob das erst nach der Geburt meiner jüngeren Schwester war oder schon vorher. Auf jeden Fall hat sie ihre Arbeitsverträge immer selbst unterschrieben, ohne irgendwelche Genehmigungen von meinem Vater einholen zu müssen. Meine Eltern sind übrigens beide in den 1930ern geboren.
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vert,
Samstag, 30. Januar 2010, 23:51
deswegen hat wohl niemand wirklich auch nur gemerkt, dass das gesetz nicht mehr da war. aber die vielbeschworene arbeitertochter vom lande (s.o.) war eben nicht nur eine soziologische fiktion...
(geburtsjahre um 1950)
(geburtsjahre um 1950)
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arboretum,
Montag, 1. Februar 2010, 00:42
Hm, weiß nicht, ob das keiner gemerkt hat. Bei meinen Eltern war eh alles ein bisschen anders. Sie führten die ersten vier Jahre eine Wochenendehe.
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vert,
Montag, 1. Februar 2010, 10:48
das ist tatsächlich nicht ganz das, was man herrkömmlich unter patrilokalität versteht;-)
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edit: oh, welch ein netter verschreiber!
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edit: oh, welch ein netter verschreiber!
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vert,
Montag, 30. September 2013, 03:38
und auch: welch ein launiger kommentar zur 77er-reform des eherechts in der ZEIT des gleichen tages wie der oben bei frau arboretum verlinkte artikel: Teure Hausfrau - der klassische humankapitalistische haushaltsproduktionsansatz nach gary becker... mit all seinen schwächen.
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cut,
Freitag, 29. Januar 2010, 15:57
Muss gerade an Norbert Elias denken. "Studien über die Deutschen" ... "Über den Prozess der Zivilisation" ... Und so. Schlage da am Wochenende mal nach. Und dann schreibe ich hier einen schlauen Kommentar! Interessantes Thema.
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vert,
Freitag, 29. Januar 2010, 16:40
(hüstel.)
den schulden sie mir seit über einem jahr;-)
wobei wir dort ein schönes beispiel haben, wo man lernen kann, dass “wenn Türken in der Mehrheit sind, werden sie herrisch und anmaßend”. sprach herrenmensch mahler, und der muss es ja wissen.
ansonsten bin ich natürlich gespannt. elias liegt mir selbstredend nahe.
den schulden sie mir seit über einem jahr;-)
wobei wir dort ein schönes beispiel haben, wo man lernen kann, dass “wenn Türken in der Mehrheit sind, werden sie herrisch und anmaßend”. sprach herrenmensch mahler, und der muss es ja wissen.
ansonsten bin ich natürlich gespannt. elias liegt mir selbstredend nahe.
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cut,
Samstag, 30. Januar 2010, 17:46
Es könnte, auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, möglicherweise, der Schnee, Sie wissen ja, eventuell also, da könnte es, vielleicht, also auch kommendes Wochenende werden ...
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vert,
Samstag, 30. Januar 2010, 17:50
soso.
oh, ich merke grade, es knackt in der leitung und icxkxk...
oh, ich merke grade, es knackt in der leitung und icxkxk...
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stapel,
Freitag, 29. Januar 2010, 20:10
Schüchterner Einwand: Zwischen Duell und hinterrücks niederschießen ist vielleicht noch ein kleiner Unterschied. Auch zwischen atavistischem Verhalten einer Kaste (und ihrer bürgerlichen Nachäffer) und einem Wertesystem, das sich an die gesamte Gesellschaft richtet. Und dass es solche Relikte vormoderner Gesellschaften auch bei uns vor paar Jahrzehnten noch gegeben hat - und vielleicht immer noch gibt - entschuldigt nicht die, die es heute noch betreiben.
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vert,
Freitag, 29. Januar 2010, 20:18
keine frage. was ich zusammen mit ihnen, herr stapel, bedaure.
aber duell ist auch nur eine kulturelle ausformung, auf deren andersartigkeit ich nicht so pochen würde. fakt ist gerade bei pistolenduellen im 20.jh (und somit zunehmender waffentechnischen präzision): einer bleibt liegen.
der lack der vielgerühmten zivilisation ist möglicherweise gelegentlich gar nicht so dick wie von den eurozentristischen civilisationclasher selbstbewußt behauptet.
diese "relikte vormoderner gesellschaft" würde ich jedoch als zentrales konstitutives element bezeichnen.
august bebel hat nicht ohne grund 1896 resigniert im reichstag angemerkt, dass der kodex des reserveoffizieres der eines ganzen (nämlich des bürgerlichen) standes geworden sei.
aber duell ist auch nur eine kulturelle ausformung, auf deren andersartigkeit ich nicht so pochen würde. fakt ist gerade bei pistolenduellen im 20.jh (und somit zunehmender waffentechnischen präzision): einer bleibt liegen.
der lack der vielgerühmten zivilisation ist möglicherweise gelegentlich gar nicht so dick wie von den eurozentristischen civilisationclasher selbstbewußt behauptet.
diese "relikte vormoderner gesellschaft" würde ich jedoch als zentrales konstitutives element bezeichnen.
august bebel hat nicht ohne grund 1896 resigniert im reichstag angemerkt, dass der kodex des reserveoffizieres der eines ganzen (nämlich des bürgerlichen) standes geworden sei.
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stapel,
Freitag, 29. Januar 2010, 20:32
naja, im duellwesen bin ich nicht so erfahren. und wieweit solche "relikte" zentrales konstitutives element sind, müsste man im zusammenhang mit der wandlung von vorbürgerlicher zu mehr oder weniger bürgerlicher gesellschaft speziell in deutschland behandeln. sicher nicht unwichtig, das. aber trotz lassalle würde ich erstmal drauf beharren, dass das duellunwesen vorrangig einer schicht, klasse oder kaste zuzurechnen ist. ihr hinweis darauf, dass man diskussionen über "fremde kulturkreise" nicht mit hochmut führen darf, ist natürlich vollkommen angebracht.
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vert,
Samstag, 30. Januar 2010, 15:29
das duellunwesen hat seit der quasi-verstaatlichung des adels im preußischen militär und der darauf folgenden öffnung der militärischen karriere für bürgerliche kreise enorm an ausbreitung gewonnen. die institution des "reserveoffiziers" bot für das gehobene wirtschaftsbürgertum (und etwas später für das bildungsbürgertum) einen brückeneffekt zum sozialen aufstieg.
neben adel und militär gab es als dritte gruppe die studentenschaft, die ebenfalls anschluss an die satisfaktionsfähigkeit suchte (und dann mit der bestimmungsmensur einen sonderweg wählte um ihre mannhaftigkeit zu beweisen)
gerade das sich neu konstituierende bildungsbürgertum erfuhr somit über die doppelte duellsozialisation in corps/burschenschaft und militär eine grundlegende einführung in die höheren weihen des point d'honneur.
damit öffneten sich tür und tor einer immer größeren ausbreitung auf weitere bevölkerungsschichten: kaufleute, ärzte, rechtsanwälte, später handwerker.
es endet mit dem erlass der ns-regierung, das duell zur grundlage der auseinandersetzung über die ehre jeden "deutschen mannes" zu erklären (hier jede menge blutsmystik einfügen.)
naja, kurze zeit später erklärte man das duell für grundlegend unzulässig: der führer "brauchte das deutsche blut". und so war es dann ja auch, und zwar reichlich.
wahr ist allerdings auch, und das wollen wir nicht verschweigen, dass der ehrenpunkt mit seinem ganzen popanz nie auch nur eine wie auch immer geartete verbreitung in arbeiterkreisen gefunden hat.
und nach 45 sieht's ja nun doch mal noch ganz anders aus.
die entwicklung des ganzen kann man unter besonderer maßgabe des bürgertums sicher im oben angegebenen standardwerk als in jeder hinsicht erschöpfend behandelt erklären. wer sich völlig fertig machen will, dem empfehle ich die kursive lektüre von jürgen kockas "bürgertum im 19. jahrhundert" (bd. III) und/oder hans-ulrich wehlers "deutscher gesellschaftsgeschichte" (wobei wehler bei mir nach seiner völlig die bezugspunkte verlierenden "türkenrede" ein wenig verloren hat. zumindest seine orientierung in einem historisch-politischen paradigma. nunja.)
bei all dem vergisst man schnell, dass das zentrum der welt (hier eine hegemoniale männlichkeit mit für uns heute wundersamen ehr- und wehrhaftigkeitsriten) sich immer vom rand kartografiert: dem ausschluss marginalisierter männlichkeiten (die daran natürlich trotzdem teilhaben wollen) und zum beispiel fünfzig prozent der bevölkerung, man kennt sie als frauen;-)
neben adel und militär gab es als dritte gruppe die studentenschaft, die ebenfalls anschluss an die satisfaktionsfähigkeit suchte (und dann mit der bestimmungsmensur einen sonderweg wählte um ihre mannhaftigkeit zu beweisen)
gerade das sich neu konstituierende bildungsbürgertum erfuhr somit über die doppelte duellsozialisation in corps/burschenschaft und militär eine grundlegende einführung in die höheren weihen des point d'honneur.
damit öffneten sich tür und tor einer immer größeren ausbreitung auf weitere bevölkerungsschichten: kaufleute, ärzte, rechtsanwälte, später handwerker.
es endet mit dem erlass der ns-regierung, das duell zur grundlage der auseinandersetzung über die ehre jeden "deutschen mannes" zu erklären (hier jede menge blutsmystik einfügen.)
naja, kurze zeit später erklärte man das duell für grundlegend unzulässig: der führer "brauchte das deutsche blut". und so war es dann ja auch, und zwar reichlich.
wahr ist allerdings auch, und das wollen wir nicht verschweigen, dass der ehrenpunkt mit seinem ganzen popanz nie auch nur eine wie auch immer geartete verbreitung in arbeiterkreisen gefunden hat.
und nach 45 sieht's ja nun doch mal noch ganz anders aus.
die entwicklung des ganzen kann man unter besonderer maßgabe des bürgertums sicher im oben angegebenen standardwerk als in jeder hinsicht erschöpfend behandelt erklären. wer sich völlig fertig machen will, dem empfehle ich die kursive lektüre von jürgen kockas "bürgertum im 19. jahrhundert" (bd. III) und/oder hans-ulrich wehlers "deutscher gesellschaftsgeschichte" (wobei wehler bei mir nach seiner völlig die bezugspunkte verlierenden "türkenrede" ein wenig verloren hat. zumindest seine orientierung in einem historisch-politischen paradigma. nunja.)
bei all dem vergisst man schnell, dass das zentrum der welt (hier eine hegemoniale männlichkeit mit für uns heute wundersamen ehr- und wehrhaftigkeitsriten) sich immer vom rand kartografiert: dem ausschluss marginalisierter männlichkeiten (die daran natürlich trotzdem teilhaben wollen) und zum beispiel fünfzig prozent der bevölkerung, man kennt sie als frauen;-)
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vert,
Samstag, 30. Januar 2010, 16:50
ach, und lassalle: das ist natürlich ein extrakapitel. "einer der säulenheiligen ihrer partei", wie sich bebel von den konservativen anfrotzeln lassen musste, höchstselbst im duell dahingeschieden, eine schwere belastung für das politische vorgehen gegen das duell.
und somit nur ein schönes beispiel für den korporativen zwang und die tiefe gesellschaftliche durchdringung dieser sozialen praxis.
und somit nur ein schönes beispiel für den korporativen zwang und die tiefe gesellschaftliche durchdringung dieser sozialen praxis.
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ilnonno,
Montag, 1. Februar 2010, 01:38
A propos "auf dem Land": meine (katholischen) Großeltern hatten zwei Kinder, ehe sie heirateten.
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vert,
Montag, 1. Februar 2010, 10:45
sehnse - und der katholische pfarrer hat sich seinerzeit geweigert, meine eltern zu trauen, weil meine mutter evangelisch war.
das nennt man dann wohl meinungspluralismus.
das nennt man dann wohl meinungspluralismus.
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jean stubenzweig,
Montag, 1. Februar 2010, 13:34
Bei einer Bekannten
durfte der Gefährte nie ans Telephon gehen, da sie keinen Verdacht erregen wollte, ein Mann könnte im Haus leben. Das hätte nämlich die fristlose Kündigung zur Folge gehabt. Sie war als Lehrerin in einem katholischen Gymnasium tätig, das teilweise von dauerehrenrundigen Schülern besucht wurde, die mit Papis Porsche auf den Hof des alten Klosters in der Nähe von Grünwald bretterten, meist noch mit ordentlich Restalkohol von der letzten Party im Blut. Das war noch so, als ich 2002 München verließ.
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